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Die Grundlagen des Zugewinnausgleichs bei Zugewinngemeinschaft

Mit der Heirat treten die Eheleute in den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft ein. Es besteht die Möglichkeit, einen anderen Güterstand zu wählen, hierfür ist jedoch ein notarieller Ehevertrag erforderlich. Liegt ein solcher nicht vor, treten die Eheleute automatisch in den Güterstand der Zugewinngemeinschaft.

Dieser Güterstand endet entweder durch den Tod eines Ehegatten, durch notariellen Ehevertrag und dem Wechsel in einen anderen Güterstand, durch Antrag auf vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft oder durch Scheidung bzw. Aufhebung der Ehe.

Im Falle der Scheidung geht es bei dem Zugewinnausgleich um den Ausgleich des während der Ehe erwirtschafteten Vermögenszuwachses. Für die Überprüfung und Berechnung des Vermögenszuwachses kommt es auf zwei relevante Stichtage an, zu denen das Anfangs- und das Endvermögen errechnet wird.

Der Tag der standesamtlichen Heirat ist der Stichtag für das Anfangsvermögen und der Tag, an dem der Scheidungsantrag zugestellt wurde, ist der Stichtag des Endvermögens. Sollte über den genauen Tag der Zustellung des Scheidungsantrags Unklarheit bestehen, kann das Datum über das Familiengericht in Erfahrung gebracht werden.

Bei der Erfassung der Anfangs- und Endvermögen geht es darum, stichtagsgenau alle Vermögenswerte (Aktiva) und Verbindlichkeiten (Passiva) zu erfassen und sodann die Verbindlichkeiten von den Vermögenswerten in Abzug zu bringen. Es würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen, alle denkbaren Positionen aufzuführen. Aus diesem Grund sollen einige Beispiele genannt werden, um einen Eindruck zu verschaffen, worüber Auskunft zu erteilen ist.

Zu den Vermögenswerten zählen z. B. Bargeld, sämtliche Konten (egal ob Giro-, Spar-, Festgeld-, Tagesgeld- oder sonstige Konten), Wertpapiere, Aktien, Fonds, Depots, Genossenschaftsanteile, Gewerbebetriebe, Gesellschaftsanteile, Praxen, Anteile an Kapitalgesellschaften oder auch Erbengemeinschaften, Eigentum und Miteigentum an Immobilien und / oder Grundstücken, Schadensersatzforderungen, Fahrzeuge (auch Motorräder, E-Bikes, Anhänger etc.), Patent- und Urheberrechte, Edelmetalle, Kapitallebensversicherungen, Anwartschaften, nach der Trennung erworbene Haushaltsgegenstände. Zu den Verbindlichkeiten zählen u. a. Darlehen, Kredite, Forderungen Dritter gegen den jeweiligen Ehegatten (z. B. wegen Schadensersatz oder vertraglicher Ansprüche). Diese Listen sind, wie erwähnt, nicht vollständig und sollen lediglich einen ersten Überblick verschaffen.

Über diese Positionen und deren Werte besteht ein Anspruch auf Auskunft gegenüber dem anderen Ehegatten sowie ein Anspruch auf Vorlage von Belegen und Nachweisen. Ein solcher Auskunftsanspruch über die Vermögenssituation besteht zudem für den Tag der Trennung. Dieser Tag ist jedoch für die Berechnung des Zugewinns nicht relevant, sondern dient zur Überprüfung, ob möglicherweise einer der Ehegatten in schädigender Absicht Vermögen beiseitegeschafft hat.

Erbschaften und Schenkungen, die während der Ehezeit angefallen sind, werden in Höhe der jeweiligen Werte beim Anfangsvermögen als privilegierter Erwerb berücksichtigt.

Nach Ermittlung des Anfangs- und Endvermögens werden diese nun miteinander verglichen. Übersteigt das Endvermögen das Anfangsvermögen, spricht man von Zugewinn. Hat nun ein Ehegatte einen höheren Zugewinn als der Andere Ehegatte erwirtschaftet, ist im nächsten Schritt die Differenz der jeweiligen Zugewinne zu ermitteln. Die hälftige Differenz ist sodann von dem Ehegatten mit dem höheren Zugewinn an den anderen Ehegatten zu zahlen. Es handelt sich um einen reinen Geldanspruch. Begrenzt ist der Zugewinnausgleichsanspruch auf den Wert des Endvermögens.

Als Veranschaulichung hier ein Berechnungsbeispiel:
Die Ehefrau hatte bei Eheschließung ein Anfangsvermögen in Höhe von 20.000 €, der Ehemann in Höhe von 50.000 €. Nach Zustellung des Scheidungsantrags wird das Endvermögen beider Ehegatten ermittelt. Es stellt sich heraus, dass die Ehefrau ein Endvermögen in Höhe von 40.000 € erwirtschaftet hat und der Ehemann in Höhe von 150.000 €.

Die Ehefrau hat somit einen Zugewinn in Höhe von 20.000 € (Differenz Anfangs- und Endvermögen). Für den Ehegatten wiederum errechnet sich ein Zugewinn in Höhe von 100.000 €. Da der Ehemann einen höheren Zugewinn als die Ehefrau erwirtschaftet hat, ist die Differenz der jeweiligen Zugewinne zu ermitteln. Diese beträgt 80.000 € (100.000 € - 20.000 €). Der Ehemann hat der Ehefrau im Ergebnis einen Zugewinnausgleich in Höhe von 40.000 € (80.000 € : 2), also der hälftigen Differenz der Zugewinne, zu zahlen.

Der Zugewinnausgleich wird vom Gericht nicht automatisch geprüft oder geregelt. Solcher erfolgt nur auf Antrag einer Partei.

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Artikel zuletzt aktualisiert am 16.11.22.

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