Vaterschaft – oder die Frage wer ist rechtlich der Vater des Kindes?
Grundsätzlich wird hier unterschieden zwischen rechtlicher Vaterschaft und der biologischen/leiblichen Vaterschaft.
Aus § 1592 BGB ist zu entnehmen, wer rechtlich der Vater eines Kindes ist. Rechtlicher Vater ist der Mann,
der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,
der die Vaterschaft anerkannt hat oder
dessen Vaterschaft nach § 1600d BGB oder § 182 Abs.1 FamFG gerichtlich festgestellt ist.
Hinsichtlich der rechtlichen Vaterschaft können sich unterschiedliche Problemkonstellationen ergeben, insbesondere wenn diese von der biologischen abweicht. Dazu folgende drei Beispiele:
1. Beispiel: Simone und Tom werden Eltern der kleinen Sina. Sie sind nicht miteinander verheiratet. Aus diesem Grund stellt sich Tom die Frage, ob er rechtlich als Vater seiner Tochter gilt.
Da Simone und Tom nicht miteinander verheiratet sind, wird Tom nicht ohne weiteres der rechtliche Vater von Sina (§ 1592 Nr. 1 BGB). Für ihn besteht jedoch die Möglichkeit, seine Vaterschaft gemäß § 1594 BGB anerkennen zu lassen. Die Anerkennung der Vaterschaft ist bereits vor der Geburt des Kindes möglich. Voraussetzungen für die Anerkennung sind die Zustimmung der Mutter des Kindes (§ 1595 BGB), sowie die öffentliche Beurkundung sowohl der Anerkennung als auch der Zustimmung (§ 1597 BGB).
Will Tom die Vaterschaft nicht anerkennen oder würde Simone die Zustimmung verweigern, besteht die Möglichkeit, diese gerichtlich feststellen zu lassen. Grundsätzlich antragsberechtigt sind der mutmaßliche Vater, die Mutter und das Kind selbst.
2. Beispiel: Simone ist verheiratet mit Frank. Die beiden leben seit einem Jahr getrennt voneinander. Die Scheidung ist bereits eingereicht. Kurz nach der Trennung lernt Simone Tom kennen. Noch vor der Scheidung der Ehe werden Simone und Tom Eltern. Auch hier stellt sich für Tom nun die Frage, wer rechtlich der Vater von Sina ist.
Da die Ehe noch nicht geschieden ist, ist grundsätzlich Frank gemäß § 1592 Nr. 1 BGB der rechtliche Vater des Kindes.
Da jedoch die Scheidung bereits anhängig ist, besteht für Tom gemäß § 1599 Abs. 2 BGB die Möglichkeit, bis zum Ablauf von einem Jahr nach Rechtskraft der Scheidung die Vaterschaft anzuerkennen. In einem solchen Fall muss jedoch nicht nur die Mutter der Vaterschaftsanerkennung zustimmen, sondern auch der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes noch mit der Mutter verheiratet war. In dem oben beschriebenen Fall wäre daher auch die Zustimmung von Frank für die Vaterschaftsanerkennung notwendig.
Sollte jedoch Frank der Auffassung sein, er wäre der biologische Vater des Kindes und stimmt daher der Vaterschaftsanerkennung von Tom nicht zu, so müsste Tom die Vaterschaft von Frank anfechten. Erst nach erfolgreicher Anfechtung hat er die Möglichkeit, die Vaterschaft anzuerkennen.
Eine solche Anfechtung der Vaterschaft steht jedoch nicht nur Tom zu. § 1600 BGB legt fest, wer anfechtungsberechtigt. Danach können die Vaterschaft also Tom, als leiblicher Vater, Frank als rechtlicher Vater, Simone als Mutter und Sina als Kind anfechten. Solange Sina minderjährig ist handelt für sie ihr gesetzlicher Vertreter.
Eine Anfechtungsberechtigung von Tom scheidet jedoch aus, wenn zwischen Sina und Frank eine sozial-familiäre Beziehung besteht. Eine solche liegt vor, wenn der rechtliche Vater (Frank) für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt. Sollte dies entgegen dem oben dargestellten Beispiel der Fall sein, würde das Anfechtungsrecht der anderen trotzdem bestehen bleiben.
Die Anfechtungsfrist beträgt zwei Jahre. Sie beginnt mit dem Zeitpunkt, indem der Berechtigte von den Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft sprechen. Beim minderjährigen Kind gilt die Besonderheit, dass es im Fall einer nicht rechtzeitigen Anfechtung durch seinen Vertreter mit Eintritt der Volljährigkeit selbst noch einmal ein Anfechtungsrecht erhält.
Nach erfolgreicher Anfechtung kann Tom die Vaterschaft von Sina wie oben dargestellt anerkennen lassen.
3. Beispiel: Simone und Tom sind verheiratet. Sie sind Eltern von Sina. Die Ehe bestand bereits zum Zeitpunkt der Geburt. Tom hat jedoch Zweifel an der biologischen Vaterschaft. Er möchte jedoch keine Anfechtung der Vaterschaft und fragt sich, welche Möglichkeit sich ihm bietet.
In diesem Fall hat Tom den Anspruch nach § 1598a BGB auf Einwilligung in eine genetische Untersuchung zur Klärung der leiblichen Abstammung. Der Anspruch steht dem Vater, der Mutter und dem Kind zu. Wäre z.B. Simone nicht mit einem solchen Gutachten einverstanden, hätte Tom die Möglichkeit ihre Einwilligung durch das Familiengericht ersetzen zu lassen.
Macht Tom seinen Anspruch gerichtlich geltend, wird dieses die Lebenslage und Entwicklungsphase von Sina berücksichtigen. Würde die Klärung eine erhebliche Beeinträchtigung des Kindeswohls von Sina zur Folge haben, wird das Gericht das Verfahren aussetzen.
Sollte sich in dem dargestellten Fall herausstellen, dass Tom nicht der leibliche Vater von Sina ist, kann er trotzdem weiter mit seiner Frau und Tochter zusammenleben und gilt weiterhin als rechtlicher Vater oder er kann die Vaterschaft anfechten.
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Artikel zuletzt aktualisiert am 27.09.15.